Durch die weitreichende Veränderung des Klimas, der Grünlandbewirtschaftung und den Ernteverfahren muss der Rehkitzrettung mittlerweile eine wesentlich höhere Bedeutung beigemessen werden, als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Während vor einigen Jahrzehnten die erste Mahd überwiegend im Frühsommer (Mitte Juni – Mitte Juli) stattfand, werden heutzutage die Wiesen in der Hauptsetzzeit der Rehe zweimal gemäht.
Unser heimisches Rehwild bekommt im Frühjahr, überwiegend im Mai und Juni, seine Jungen. Die Rehgeiß / Ricke setzt ihre, meist zwei, Kitze ins hohe Gras und sucht diese während den ersten Lebenstagen nur kurz zum Säugen und Säubern auf. Dies findet in den ersten Lebenstagen durchschnittlich alle zwei Stunden statt. In Abwesenheit der Rehgeiß / Ricke drücken sich die Rehkitze auf den Boden und sind, dank ihres gefleckten Fells und durch den fehlenden Eigengeruch, gegen natürliche Feinde sehr gut geschützt.
Zwar beginnen die neugeborenen Rehkitze bereits 20 Minuten nach der Geburt mit ihren ersten Gehversuchen, jedoch können sie erst nach etwa zwei Tagen richtig laufen. Erst im Alter von ungefähr drei Tagen beginnen die Rehkitze damit, ihrer Mutter über weitere Distanzen zu folgen.
Diese Eigenschaften werden den Rehkitzen während der Mahd zum tödlichen
Verhängnis. Erst im Alter von zwei bis vier Wochen sind die Rehkitze selbstständig in der
Lage, vor ihren „Feinden“ zu flüchten. Daher werden sie zu oft durch die Messer der
Mähmaschinen getötet oder schwer verletzt, da die Tiere im hohen Gras nicht oder zu
spät erkannt werden.
Geräteaufstellung:
Da die Verhältnisse bei der Rehkitzrettung immer wieder unterschiedliche Situationen
zeigen, sollte die Aufstellung der Geräte immer individuell und an die örtlichen
Gegebenheiten angepasst vorgenommen werden. Dabei spielt besonders das Verhalten
der Rehe, die Topografie des Geländes und die Art der ständig vorherrschenden
Beunruhigung des Wildes eine entscheidende Rolle.
Durch eine sorgfältige Planung des Geräteeinsatzes kann die Effizienz der Rehkitzrettung
deutlich optimiert werden. Empfehlenswert ist der Einsatz von detaillierten Karten,
Luftbildern oder auch von Handskizzen des Geländes, in denen weitere Besonderheiten
sowie die Position der Geräte bei der Kitzrettung eingezeichnet werden. Dadurch kann der
Geräteeinsatz auch in den Folgejahren ständig verbessert werden.
1. Lebensraum
Bei der Planung des Geräteeinsatzes ist es hilfreich, aber nicht entscheidend, die
Bereiche in den Wiesen zu kennen, in denen das Rehwild in den letzten Jahren häufig
gesetzt (gebärt) hat. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Rehgeißen / Ricken gewisse
Abschnitte häufig bevorzugen. Ebenso geben frühere Fundstellen von vermähten Kitzen,
aber auch aktuelle Beobachtung von säugenden Muttertieren darüber Aufschluss.
Empfehlung: Areale, in denen Rehwild häufig setzt oder sich gegenwärtig Muttertiere
befinden, sollten als zentrale Stellen für die Kitzrettung betrachtet werden. Diese Fläche(n)
entweder als Ausgangspunkt(e) zur Planung verwenden oder für ausreichende
Geräteabdeckung in diesem Bereich(en) sorgen.
2. Geländeformationen
Keine Wiese ist absolut ebenerdig. Diese natürlichen Bodenunebenheiten spielen im
Wesentlichen beim Einsatz der Geräte auch keine Rolle. Hat das Gelände jedoch größere
Erhebungen, Senken oder Hänge, die dann in Hochflächen (Plateau) oder Tiefebenen
übergehen, ist dies bei Aufstellung der Geräte zu berücksichtigen. Ein in einer Senke oder
im/am Hang aufgestelltes Gerät hat eine geringere Reichweite, da sich die Tonsignale
(Schall) nicht über den gesamten Radius ausbreiten können. An ausgeprägten
Geländekanten, wie z.B. der Übergang zu einem Plateau, werden die Tonsignale
gebrochen. Dabei können u.U. auch die abgegebenen Lichtsignale für das Wild völlig
verdeckt werden.
Empfehlung: Bei einer Geräteaufstellung in einer Senke oder am Hang sind die
Geräteabstände zu reduzieren. Ein in der Wiese vorkommendes Plateau muss dabei als
eigene Fläche betrachtet werden.
3. Gräben und Bachläufe
Nicht selten befinden sich Gräben und Bachläufe an den Wiesenrändern. Auch wenn
diese durch ein ausgewachsenes Reh mühelos über-/durchquert werden können, stellen
sie oftmals für die Rehkitze ein unüberwindliches Hindernis dar.
Empfehlung: Gräben und Bachläufe als Randbereich der zu mähenden Fläche betrachten.
Die Geräte so platzieren, dass die Geißen / Ricken zusammen mit den Kitz(en) vom
Graben oder Bachlauf weg aus der Fläche auswechseln können.
4. Straßen und Siedlungen
Vielbefahrene Straßen, Siedlungen, aber auch einzelne Gehöfte und Biogasanlagen sind
ein allgegenwärtiger Störfaktor, an das sich das Rehwild weitestgehend gewöhnt hat. In
dessen Nähe wird das Wild wesentlich unempfindlicher auf „weitere“ Störeinflüsse
reagieren.
Empfehlung 1: Sind die Mähtermine rechtzeitig bekannt, mit der kontinuierlichen
Beunruhigung drei bis vier Tage vor der Mahd beginnen und nach zwei Tagen weiter
ausweiten. Dafür sind beim Wildretter PRO LS10 keine weiteren Maßnahmen nötig.
Beim Rehkitzretter LS01 sind die Geräteabstände deutlich zu verringern, beim Rehkitz-
Retter XS10 sowie beim Wildvergrämer LS20 ist das Programm – Wildvergrämung 24h
(ausgewogen) – auszuwählen.
Empfehlung 2: Sind die Mähtermine erst ein bis zwei Tage vorher bekannt, die Geräte mit
deutlich reduzierten Abständen aufstellen und zusätzliche Maßnahmen, wie Absuchen ggf.
mit Wärmebildkamera, mit einbeziehen.
5. Überalterter Geißen- / Rickenbestand
Ein erfahrener Geißen- / Rickenbestand ist beim Einsatz von Rehkitz-/Wildrettern eher
nachteilig, da die Tiere ihre Scheu vor der Vergrämung, die keine Gefahr darstellt,
möglicherweise bereits abgebaut haben.
Empfehlung: Zusätzliche Maßnahmen, wie Absuchen ggf. mit Drohne und / oder
Wärmebildkamera, mit einbeziehen.
Aufstellempfehlung (Richtwert*):
Die beste Wirkung** bei der Rehkitzrettung erzielen Sie bei einer Aufstellung von einem Rehkitzretter / Wildretter pro 3 (4-5) ha, dies entspricht einem Umkreis von ca. 100 (110-125) Meter. Dabei erweist sich eine Geräteaufstellung im Abstand von 160–180 (180-220) Meter als besonders wirkungsvoll. Von den Randbereichen der zu mähenden Fläche sind 50–70 (60-80) Meter Abstand einzuhalten. Unter idealen Voraussetzungen kann der Abstand auch vergrößert werden, allerdings sollten dabei 200 (250) Meter nicht überschritten werden.
Idealerweise sollten die Rehkitzretter / Wildretter mindestens zwei Tage vor der Mahd ausgebracht werden, da die Rehkitze erst im Alter von ca. 2 Tagen ihrer Mutter folgen können. Durch eine rechtzeitige Ausbringung wird auch vermieden, dass eine Rehgeiß / Ricke zum Setzen in die zu mähende Fläche einwechselt.
Gerade in zivilisationsnahen Gebieten reagiert unser Rehwild unempfindlicher als in weit abgelegenen Bereichen. Daher ist es gerade hier von Vorteil, mit der Wildrettung drei bis vier Tage vor dem Mähtermin zu beginnen und die kontinuierliche Beunruhigung nach zwei Tagen nochmals auszuweiten.
Bei allen Empfehlungen gilt: Einen übermäßigen Geräteeinsatz vermeiden! Die
Rehgeiß / Ricke soll ihr(e) Kitz(e) aus der zu mähenden Fläche führen und nicht
dauerhaft vergrämt werden.
*) Richtwerte für XS10, (Richtwerte in Klammern für Baureihe LSxx)
**) Die Wirksamkeit der Geräte ist primär von der Reizschwelle des Wildes, aber auch vom Gelände und dessen Bewuchs abhängig. Die Reizschwelle ergibt sich überwiegend aus der „gewöhnlichen“ Beunruhigung des Wildes. So reagiert das Wild in weit abgelegenen Bereichen deutlich „empfindlicher“ als in zivilisationsnahen Gebieten. Daher können die benötigten Abstände zwischen den Geräten bei der Vergrämung stark variieren. Generell kann man davon ausgehen, dass eine höhere Lautstärke (geringerer Abstand / Umkreis) eine höhere Wirkung erzielt.